AGAPLESION Osterandacht

04. April 2021

Sie waren matt, ihr Gesicht ausdruckslos. Vorgestern. Jesus stirbt einen qualvollen Tod am Kreuz. Er, dem sie alles verdankten, mit dem sie wieder Hoffnung fanden. Er, der ihnen von Gott erzählte und davon, dass er alles Unheil wenden kann. Von wegen. Sie wollten irgendwie nur noch funktionieren nach der ganz persönlichen Katastrophe, die sie traf. Funktionieren ist gut, das lenkt ab. Routine, die einen beschäftigt, die einen davon abhält, sich ins Grübeln zu verlieren, zu versinken in Trauer: Sich aufraffen, zum Grab gehen, die rituelle Salbung des Leichnams. Routine hilft ein wenig gegen die Unruhe, die Angst vor dem nächsten Tag. Zuhause fällt ihnen die Decke auf den Kopf. Und so gehen sie – nichts ahnend dem Ostermorgen entgegen.

Für die Frauen am Ostermorgen wurde der große Stein vor dem Höhlengrab zu einem handfesten Symbol für das, was auf Ihnen: lag schwer, bleiern, schier unverrückbar. Merkwürdigerweise gehen sie aber weiter. Und dann trifft es sie unerwartet: Das Höhlengrab ist geöffnet, der Stein weggerollt. Und der Leichnam ist verschwunden. Stattdessen zwei Männer in glänzenden Kleidern: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?

Es hilft nichts, wir müssen weitergehen. Wir müssen den Realitäten ins Auge schauen, unseren eigenen Stein, der bleiern und unverrückbar im Wege liegt. Dieses tückische Virus etwa zeigt uns: Wir sind endlich und wir sind verwundbar.

Aber da wartet noch eine andere Realität: Wir haben uns nicht erschaffen und gehen auch nicht ins nichts. Es gibt nicht nur Arbeiten, Essen, Netflix. Es gibt eine größere Realität. Und wir brauchen ab und zu diese Begegnung mit der anderen, größeren Realität, die uns herausreißt, unsere Routinen heilsam durchbricht und den Tunnelblick weitet.

Jemand muss für uns zum Engel werden und muss es uns zusagen: Es gibt eine Perspektive über den Tag hinaus, ja, auch über die Umstände dieses Lebens hinaus. So kann es sein, dass Hoffnung aufkeimt, zaghaft, langsam, tastend. Das ist der Ursprung von Ostern. Der Stein ist weggerollt.

Glaube ist mehr als ein bloßes Für-Wahr-Halten. Glauben heißt: Gott auf dem Weg des Lebens zu vertrauen, ihm zuzutrauen, dass er das Blatt wendet, durch die Verzweiflung und den Tod hindurch. Jesus hat den Tod überwunden, sagen die beiden Männer den Frauen. Er, der tödlich Verwundete ist jetzt unverwundbar, geheimnisvoll, vorweggenommen in ein Haus aus Licht.

Seitdem glauben Christinnen und Christen an den guten Ausgang aller Dinge.

In welcher Lage du auch immer bist: Deine Geschichte ist noch nicht zu Ende. Das Beste steht noch bevor.  

Der Ostermorgen.

Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen sie zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht. Und als sie darüber ratlos waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer in glänzenden Kleidern. Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.

Das Evangelium nach Lukas, Kap.24, Verse 1-6.

Die Pandemie dauert jetzt ein Jahr. Letztes Jahr an Ostern wollten wir gerne schon an das Ende denken. Dieses Jahr scheint alles auf Dauer gestellt. Viele sind innerlich gelähmt. Und jetzt noch der Oster-Shutdown. Das Ganze scheint nicht zu enden und übersetzt sich in kleine und große Geschichten im Leben. Nicht nur, dass zu viele einen lieben Angehörigen verloren haben in diesem Jahr. Nicht nur, dass immer noch etliche leiden unter dem heimtückischen Virus. Auch der Lockdown selbst macht uns zu schaffen, wir sitzen buchstäblich fest – und es scheint kein Ende zu nehmen. Wir sind coronamüde.