Wie operiert der neue Assistenzroboter Da Vinci?

13. August 2019

Seit Januar 2019 ist das Da Vinci-System für roboterassistierte Operationen für AGAPLESION im Einsatz. Offene Schnittoperationen sind dadurch am AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS in Frankfurt am Main immer seltener notwendig. Prof. Dr. med. univ. Georg Bartsch leitet dort das interdisziplinäre Zentrum für roboterassistierte Chirurgie, arbeitet seit Jahren mit Da Vinci und beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem neuen Gerät.

Bereits bei 60 Prozent aller radikalen Prostataentfernungen kommt die roboterassistierte Operationsmethode zum Einsatz. Was kann Da Vinci besser als Sie?

Georg Bartsch: Zunächst würde ich gar nicht zwischen ihm und mir unterscheiden, Da Vinci operiert wie gesagt nicht selbständig. Er unterstützt mich und verbessert meine Arbeit. Ich steure ihn über eine Konsole, ein bisschen, als würde man eine Drohne fliegen. Meine Finger befinden sich dabei in Schlaufen, die halte ich in etwa so wie chinesische Essstäbchen. Damit kann ich die vier Instrumentenarme in alle Richtungen bewegen, ähnlich wie eine Hand – mit dem Unterschied, dass Da Vinci das menschliche Zittern ausgleicht. Die Instrumente werden dann über kleine Schnitte minimalinvasiv in den Körper des Patienten eingeführt. Daran befinden sich zwei Kameras, die ebenfalls komplett beweglich sind und hochaufgelöste Bilder an die zwei Monitore meiner Konsole abgeben. Das ergibt dann für mich als Operateur ein dreidimensionales Bild – nur eben zwölffach vergrößert.

Wie hat roboterassistierte Chirurgie die Situation für Patienten verändert?

Georg Bartsch: Dank der roboterassistierten Operationen sind heute extrem gute Leistungen für sehr viele Menschen zu erzielen. Gerade bei komplexeren Operationen gab es für Laparoskopie, also die konventionelle Schlüssellochchirurgie, in Deutschland nur wenige Zentren, die diese Eingriffe minimalinvasiv durchführten. Heute sind diese Eingriffe für eine breite Masse an Patienten wie auch Operateure tägliche Realität. Dadurch sind die Vorteile der Laparoskopie wie etwa bessere kosmetische Ergebnisse, eine geringerer Blutverlust und weniger postoperative Schmerzen auch bei großen komplexen Operationsverfahren standardmäßig zu erzielen. So verkürzt sich der Krankenhausaufenthalt und die Menschen können schneller wieder ins Leben entlassen werden.

Warum wird Da Vinci interdisziplinär von mehreren Fachbereichen genutzt?

Georg Bartsch: Ganz einfach: Wenn wir das Gerät maximal effizient in unterschiedlichen Fachabteilungen einsetzen, verringern wir die Kosten und möglichst viele Menschen profitieren davon. Ein Da Vinci X der neuesten Generation kostet, so wie er hier steht, über eine Millionen Euro. Um kostendeckend arbeiten zu können, muss man mindestens 250 Operationen pro Jahr durchführen, bei Vollauslastung wären es etwa 400. Nur für die Urologie brauchen wir nicht so hohe Kapazitäten. Da macht es Sinn, auch andere Disziplinen, die Da Vinci nutzen können, zu beteiligen.

Was passiert mit Da Vinci, wenn der Strom ausfällt?

Georg Bartsch: Nicht nur eine roboterassistierte Technologie wie Da Vinci braucht elektrischen Strom, um arbeiten zu können. Er ist Voraussetzung für fast jede Operation, für das Funktionieren von Licht- und Beatmungsmaschinen und für die Überwachung der Körperfunktionen. Unser Da Vinci ist das neueste Modell, das es auf dem Markt gibt. Ich habe jetzt seit 2010 an allen Vorgänger-Modellen gearbeitet, in den USA sogar am Ur-Da Vinci. Dabei habe ich noch nie erlebt, dass die Maschine ausfällt und eine Operation deswegen offen chirurgisch durchgeführt werden muss. Und nehmen wir an, es wäre so: Jedes Krankenhaus verfügt über Notstromaggregate, die die Stromversorgung überbrücken. Und sollte gar nichts mehr gehen, wird offen chirurgisch weiteroperiert.


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Wie reagieren Menschen, wenn sie von Da Vinci operiert werden sollen? Haben sie Angst vor dem Roboter?

Georg Bartsch: Im Gegenteil, wir haben eine große Nachfrage. Das Vertrauen in die Technik ist gerade in Deutschland sehr groß, es melden sich viele Patienten extra wegen Da Vinci bei uns. Da Vinci ist zudem kein selbständig arbeitender Roboter, sondern eher ein Assistent, ein Instrument der Telemedizin. Ich sitze im gleichen Raum, direkt neben dem Patienten, und nicht 100 Kilometer entfernt. Das ginge übrigens rein technisch auch gar nicht: Da Vinci verarbeitet riesige Datenmengen in Millisekunden, da würde die Internetverbindung nicht mithalten.