Gebärmutterhalskrebs

25. Februar 2015

Dank der verbesserten Früherkennung, die 1971 bundesweit eingeführt wurde, ist der Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) in Deutschland in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Das Robert Koch-Institut beziffert die Anzahl der Neuerkrankungen für 2008 auf etwa 4.900 pro Jahr. Für 2014 wurden 4.600 Neuerkrankungen prognostiziert. Jährlich versterben etwa 1.600 Patientinnen an dieser Erkrankung. Betroffene sind zwischen 40 und 49 Jahre alt, ein zweiter Anstieg findet sich nach dem 60. Lebensjahr.

Symptomatik

Im frühen Stadium macht der Gebärmutterhalskrebs, bzw. seine Vorstadien keine Symptome. Die Krebsfrüherkennung in Form des gynäkologischen Abstriches hat daher in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen.

Ab einer gewissen Größe und Ausdehnung des Tumors können folgende Symptome auftreten:

  • Zwischenblutungen (Metrorrhagien)
  • Kontaktblutung
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
  • Bei Fernmetastasen entsprechend Beschwerden je nach Lokalisation der Metastasen

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Die Therapie richtet sich nach dem Tumorstadium, dem Lebensalter und den Nebenerkrankungen der Patientin. Die Therapieentscheidung sollte idealerweise in einer interdisziplinären Tumorkonferenz erfolgen. Hierbei ist die Berücksichtigung der Lebensqualität der Patientin von eminenter Wichtigkeit.

Stadieneinteilung nach FIGO (Fédération Internationale de Gynécologie et d’ Obstétrique) 2009:

  • Stadium I: Tumor begrenzt auf die Zervix
  • Stadium II: Tumor wächst über die Beckenwand hinaus, aber nicht bis zur Beckenwand und nicht bis zum unteren Drittel der Scheide
  • Stadium III: Tumor breitet sich zur Beckenwand aus und/oder befällt das untere Drittel der Scheide und/oder verursacht einen Nierenstau oder eine stumme Niere
  • Stadium IVA: Tumor befällt die Schleimhaut von Blase oder Enddarm oder überschreitet die Grenzen des kleinen Beckens

Die stadiengerechte Therapie ist in der 2014 publizierten S3-Leitlinie definiert.

Therapie im Stadium I

Jede zweite Patientin wird im Stadium I diagnostiziert. In diesem Stadium ist die operative Behandlung Therapie der Wahl. Sie richtet sich nach der Wachstumstiefe des Tumors (Invasion). So kann bei einer Invasion von maximal 3 Millimetern (FIGO IA1) auch eine kegelförmige Tumorentfernung (Konisation) aus der Zervix mit Erhalt der Gebärmutter oder eine einfache Gebärmutterentfernung ausreichen. Aufgrund des erhöhten Risikos für Lymphknotenmetastasen ist allerdings ab einer Invasion von bis zu 5 Millimetern und einer Tumorausdehnung von bis zu 7 Millimetern (FIGO IA2) eine radikale Gebärmutterentfernung mit Entfernung der Beckenlymphknoten notwendig. Besteht noch ein Kinderwunsch, kann in ausgesuchten Zentren bei einer Tumorgröße von < 2 Zentimetern und günstiger Tumorbiologie eine Trachelektomie durchgeführt werden. Dies ist eine von der Scheide ausgeführte Operation, bei der der Gebärmutterkörper erhalten wird. Bis zu einer Tumorgröße von 4 Zentimetern (FIGO IB1) oder auch mit einer Tumorgröße von > 4 Zentimetern (FIGO IB2) kann, solange der Tumor auf die Zervix beschränkt bleibt, eine operative Therapie mit Entfernung der Gebärmutter und Beckenlymphknoten vorgenommen werden. Sind die Beckenlymphknoten befallen, ist die Operation der Lymphknoten auf die Region der Hauptschlagader (Aorta) auszuweiten.

Therapie im Stadium II

In diesem Stadium erfolgt die Therapie entweder durch eine Operation oder durch eine Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie, der sogenannten Radiochemotherapie. In der letzten Jahren wird zunehmend eine neoadjuvante Chemotherapie (Chemotherapie vor der Operationen) in ausgewählten Fällen diskutiert; eine Operation zur Entfernung der Gebärmutter und der Beckenlymphknoten wird nach dem Ende der Chemotherapie durchgeführt. Welche Therapieoption angewendet wird, hängt zum einen von der Tumorausdehnung jenseits der Gebärmutter ab, zum anderen von der Aggressivität der Tumorbiologie und natürlich vom Zustand der Patientin.

Therapie im Stadium III / IV

Therapie der Wahl im Stadium III ist die Radiochemotherapie; im Stadium IV erfolgt die Therapieentscheidung individuell. Erwogen werden können eine alleinige Strahlentherapie, eine Radiochemotherapie, eine operative Entfernung des Tumors inklusive der befallenen Organe (beispielsweise Blase oder Enddarm) oder die Kombination aus Operation und Radiochemo - / Strahlentherapie.

Die Strahlentherapie nach der durchgeführten Operation besteht i. d. R. aus einer kombinierten Bestrahlung von Scheide und Becken. Die i. d. R. platinhaltige Chemotherapie (Cisplatin ist Standard) wird einmal pro Woche dazugegeben. Folgende Risikofaktoren ziehen eine Empfehlung zur Radiochemotherapie nach sich:

  • Lymphknotenbefall
  • Tumorgröße > 4 Zentimeter
  • Entfernung des Tumors nicht im Gesunden
  • Ausgedehnter Befall jenseits der Gebärmutter
  • Unzureichende Lymphknotenentfernung

Die Strahlentherapie im Stadium II/III/IV beinhält zusätzlich eine Bestrahlung der Gebärmutter, die durch das Einführen eines radioaktiven Stiftes in das Innere der Gebärmutter stattfindet. Es ist nachgewiesen, dass im Stadium II die Langzeitergebnisse einer kombinierten Radiochemotherapie einer operativen Therapie gleichgestellt sind.

Therapie bei Wiederauftreten des Tumors (Tumorrezidiv)

Die Rezidivtherapie hängt von der Lokalisation des Tumors, der Vortherapie und dem Zustand der Patientin ab und geht von der operativen (Exenteration) über radio- bzw. radiochemotherapeutische bis zur chemotherapeutischen Therapieoptionen. Je nach Ausstattung und operativer Expertise des Zentrums können auch eine intraoperative Strahlentherapie und individuelle operative Konzepte eingesetzt werden.

Hinsichtlich einer Chemotherapie steht eine ganze Reihe an Substanzen zur Verfügung. Die besten Ergebnisse konnten für die Kombinationen Cisplatin-  Paclitaxel-Bevacizumab gezeigt werden. Wenn Cisplatin und Paclitaxel erprobte Chemotherapeutika sind, so ist das Bevacizumab ein moderner Antikörper, der heute bereits für mehrere Krebsarten zugelassen ist (z. B. Nierenkrebs, Darmkrebs, Eierstock-und Brustkrebs). Die Hinzunahme dieses Antikörpers zur Chemotherapie, mit nachfolgender Fortsetzung der alleinigen Bevacizumab-Therapie, zeigte eine signifikante Verbesserung des Überlebens. Das Zulassungsverfahren für Bevacizumab zur Behandlung eines Cervixkarzinoms befindet sich in Deutschland kurz vor dem Abschluss.

Die Therapie einer Cervixkarzinom-Patientin ist recht komplex und gehört in ein  ausgewiesenes zertifiziertes Zentrum für Gynäkologische Onkologie.

 

Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Marc Thill

Quelle:

S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Patientin mit Zervixkarzinom“, Version 1.0 – September 2014, AWMF-Registernummer 032/033OL