Gesundheitstipp: Was tun bei Stuhlentleerungsstörungen?

01. Juni 2021

Stuhlentleerungsstörungen treten sehr verbreitet in unserer Bevölkerung auf. Dabei sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Zu den Symptomen zählen neben dem Gefühl der unvollständigen Entleerung, verlängerte oder erfolglose Entleerungsversuche, intensives Pressen, Stuhlentleerung mit digitaler Unterstützung, Schmerzen, Druckgefühl, Stuhlschmieren, Stuhldrang und die Verwendung von Abführmitteln.

Die Stuhlentleerungsstörung ist klinisch dadurch gekennzeichnet, dass eine gestörte Entleerung des Enddarms vorliegt. Ein Obstruktives Defäkationssyndrom (ODS) ist häufig Bestandteil funktioneller Erkrankungen des Darms bzw. Beckenbodens und bedeutet für die meist weiblichen Patienten eine wesentliche Einbuße in der Lebensqualität. Es können sowohl anatomische Ursachen im Bereich Dickdarm (Kolon) und Mastdarm (Rektum) als auch funktionelle Störungen des Beckenbodens und seiner Muskulatur zugrunde liegen. Auch kombinierte Störungen sind nicht unüblich. Hierbei gibt es Überschneidungen im Bereich der Stuhl- und Harninkontinenz, des Vaginal- und Rektumprolaps mit und ohne Rectocele (Ausstülpung des Enddarms zur Scheide hin) sowie dem Reizdarmsyndrom.

Aufgrund der zunehmenden Enttabuisierung des Themas in den letzten Jahren nehmen deutlich mehr betroffene Frauen ärztliche Hilfe in Anspruch. Zur Diagnostik ist neben der Anamnese eine proktologische Basisuntersuchung zur Differenzierung der führenden Symptomenkomplexe entscheidend. Die weiterführende Diagnostik wird individuell je nach Bedürfnis der Patientin/des Patienten geplant.

Nach der Diagnose steht zunächst die konservative Therapie im Vordergrund. Hierzu zählt die Stuhlregulation (durch Flohsamen) bzw. medikamentöse Beeinflussung von Stuhlpassage und -qualität. Zusätzlich ist ein physiotherapeutisch angeleitetes Beckenbodentraining sinnvoll, das im besten Fall täglich durchgeführt wird. Auch Zäpfchen (Lecicarbon) können dabei helfen, die Stuhlentleerung zu stimulieren. Bei funktionellen Ursachen kann zudem eine Biofeedback Therapie über einen Zeitraum von sechs Monaten durchgeführt werden. Hierdurch können die Symptome häufig verbessert werden.

Führt die konservative Therapie nicht zum gewünschten Behandlungsergebnis, stehen auch verschiedene operative Verfahren zur Verfügung. Hierzu zählt zum Beispiel die minimal-invasiv durchgeführte ventrale Rektopexie mit Netz zur Behebung eines bestehenden Rektumprolaps. Ein kleiner Rektumvorfall oder eine Rectocele kann bei strenger Indikationsstellung auch transanal mit einer STARR-Operation entfernt werden. Hierbei wird ein Teil des Mastdarms mit einer Klammernaht-Technik durch den After entfernt.

Eine konservative Therapie hat jedoch stets Vorrang. Die Entwicklung eines individuell an den Symptomen und der Lebensqualität der Patientin/des Patienten orientierten Stufenkonzepts hat in der Behandlung den höchsten Stellenwert und führt häufig zu einer Verbesserung der Lebensqualität im Alltag.

Guido Hanisch ist Facharzt für Chirurgie, Gefäßchirurgie und Koloproktologie am AGAPLESION ELISABETHENSTIFT MED. VERSORGUNGSZENTRUM